Romano-Guardini-Gastprofessur
Führung
Gastprofessorin Dr. Ana Honnacker
Kontakt
Ludwig-Maximilians-Universität München
Fakultät für Philosophie, Wissenschaftstheorie
und Religionswissenschaft
Professur für Religionsphilosophie
Geschwister-Scholl-Platz 1
D-80539 München
Philosophie verstehe ich in erster Linie als kritisches Unterfangen. Entsprechend sehe ich es als ihre Aufgabe, die Phänomene ihrer Zeit ernst zu nehmen und sie zum Gegenstand philosophischer Analyse zu machen. Im Anschluss an die Tradition des philosophischen Pragmatismus ist diese Aufgabe immer schon auch mit einem praktischen verbunden und besitzt einen transformarischen Impetus. Insofern sind mir die Beschäftigung mit gesellschaftlich relevanten Themen sowie der Austausch über fachwissenschaftliche Zirkel darüber hinaus ein zentrales Anliegen.
Mit Blick auf die religionsphilosophische Forschung bedeutet dies für mich, dass sie sich nicht auf ein Projekt der (christlichen) Apologie beschränken sollte, sondern vielmehr Reflexionsangebote für die Harausdorfen einer pluralistischen Gesellschaft entwinkeln kann, die über einen spezifischen religiösen Kontext hinaus Relevanz besitzen.
Im Rahmen der Guardini-Gastprofessur ist es mir daher ein Anliegen, den kritischen und transformativen Potentialen gegenwärtiger Religionsphilosophie nachzugehen und diese, auch im Sinne der Public Philosophy, sichtbar zu machen. Zum Ausgangspunkt dafür sollen insbesondere Krisenphänomene der Gegenwart dienen, zu deren Verständnis und Bewältigung die Religionsphilosophie mit ihrem Instrumentarium einen besentlich Beitrag leisten kann.
Als thematische Klammer des Geschehens im SoSe 23 möchte ich die Frage „Dynamiken des (Un-)Glaubens“ setzen, die in verschiedenen Bezugsrahmen formuliert werden kann: Wie und warum und wem wir glauben, spielt nicht nur religiösen Belangen eine Rolle, sondern ist entscheidend für die Ausbildung unserer alltäglichen Überzeugungen und Praktiken und damit schließlich für das soziale Miteinander.
In drei öffentlichen Vorträgen mit Anschlussdiskussionen soll je ein Fokus auf die Themenfelder Verschwörungsglaube, Klimanegationismus und Wissenschaftsgläubigkeit geworfen werden. Darüber hinaus wurde ein thematisch ergänzendes Vorlesungsseminar angeboten.
Im WS 23/24 möchte ich einen Schwerpunkt auf den (religions-)philosophischen Beitrag zu den environmental humanities legen und die Auseinandersetzung mit einem der drängendsten Probleme weiter vertiefen. Sowohl für die theoretische Bearbeitung als auch die praktische Bewältigung der multiplen ökologischen Krisen, die im Begriff des Anthropozäns diskursmächtig zusammengebunden wurden, liegen hier bislang wenig genutzte Potentiale. Denn zunehmend werden auch Haltungen und Praktiken relevant, die klassischerweise in der religiösen oder spirituellen Sphäre verortet werden, u.a. Umgang mit Kontingenz und Endlichkeit, Schuld oder Verlust. Die Herausforderungen des Mensch(lich)seins im Anthropozän werden dabei in experimentellen öffentlichen Formaten beleuchtet, die mit außeruniversitären Kooperationspartner*innen durchgeführt werden, zudem wird es ein thematisch passendes Fortgeschrittenenseminar geben, in dem ein Beitrag zur philosophischen Praxis erarbeitet wird.
Einen weiteren Schwerpunkt bildet die religionsphilosophische Auseinandersetzung mit dem Thema (religiöse) Gewalt, das im Rahmen des Münchner Kolloquiums und eines Gastvortrags des finnischen Religionsphilosophen Sami Pihlström (Helsinki) bearbeitet wird. In Kooperation mit der Hochschule für Philosophie München wird zudem ein thematisch ergänzender Workshop angeboten.
Wintersemester 2023/24
Münchner Kolloquium Religionsphilosophie 2023 „Religion und Gewalt"
LMU München, 26./27. Oktober 2023
in Kooperation mit Prof. Dr. Sebastian Gäb (Professur für Religionsphilosophie)
Workshop mit Prof. Dr. Sami Pihlström (Helsinki University): "The ‚Unthinkable‘ and the ‚Merely Wrong‘“ , 26.10.23, 9-12.30h, Anmeldung unter ana.honnacker@lrz.uni-muenchen.de
Öffentlicher Gastvortrag Prof. Dr. Sami Pihlström (Helsinki University): "Debating Pacifism: Pragmatist and Transcendental Reflections“, 26.10.23, 19.15h, M 210
Öffentlicher Abendvortrag in der Reihe „Am Puls der Zeit“: „Mensch(lich)-Sein im Anthropozän: Erkundungen eines neuen Humanismus“, 08.11.23, 19h
Weitere Informationen zum Seminar im LSF: „Der Mensch im Anthropozän: Anthropologische und ethische Herausforderungen“
Sommersemester 2023
Öffentliche Vortragsreihe (mit anschließender Diskussion)
„Dynamiken des (Un-)Glaubens“ – jeden Dienstag, 18.30 Uhr (Raum M 109) :
- 09.05.23: Vom raunenden Zweifel: Verschwörungsglaube und der Wille zur Gewissheit
- 06.06.23: Vom rettenden Unglauben: Klimanegationismus und Nicht-Wissen-Wollen
- 11.07.23: Vom blinden Vertrauen: Szientismus und die Reduktion der Wirklichkeit
Weitere Informationen zum Lektüreseminar finden Sie im LSF: „Zwischen Gewissheit und Zweifel: Zur Ethik von (religiösen) Überzeugungen“