Fakultät für Philosophie, Wissenschaftstheorie und Religionswissenschaft
print

Links und Funktionen

Navigationspfad


Inhaltsbereich

Lehrveranstaltungen Sommersemester 2015

Fortgeschrittenenseminar und Essaykurs

Erinnerung, Vorstellungskraft und Traum bei Avicenna und in der griechisch-arabischen Überlieferung

Veranstaltungsnummer 10084

Do. 10:00 bis 12:00 c.t. woch 16.04.2015 bis 16.07.2015 Geschw.-Scholl-Pl. 1 (E) - E 210

Warum bleiben uns Dinge, die wir wahrgenommen haben, im Gedächtnis, so dass wir sie uns in Erinnerung rufen können? Warum können wir uns andererseits auch Dinge vorstellen, die wir noch nie gesehen haben oder die es gar nicht gibt? Und was passiert, wenn wir träumen — wobei ja ähnliche Vorgänge abzulaufen scheinen, jedoch ohne dass wir sie bewusst steuern können? Wie und wodurch werden all diese geistigen Funktionen ausgeübt? Und in welcher Beziehung stehen sie zu unserer Fähigkeit, rational zu denken?

Mit diesen Fragen beschäftigte sich Avicenna (arabisch Ibn Sīnā, gest. 1037 n. Chr.) eingehend in mehreren seiner zahlreichen Schriften. Dabei konnte er auf eine zweifache antike Überlieferung zurückgreifen: Sowohl die griechischen Philosophen (allen voran Aristoteles) als auch die griechischen Ärzte und Anatomen (zu nennen wäre vor allem Galen) waren von diesen geistigen Funktionen fasziniert gewesen. Als Arzt und Philosoph war Avicenna daher besonders gut positioniert, um sich diesem Thema zu nähern. Tatsächlich entwickelte er ein ausgeklügeltes und philosophiegeschichtlich sehr einflussreiches System von fünf geistigen Vermögen, „innere Sinne“ genannt, mit dem er geistige Funktionen wie Vorstellen, Erinnern und Träumen (und andere mehr) erklären konnte.

Im Seminar werden wir uns intensiv mit der Avicennischen Theorie der „inneren Sinne“ auseinandersetzen. Außerdem werden wir den antiken und spätantiken geistesgeschichtlichen Hintergrund des Themas beleuchten, um zu verstehen, warum die genannten geistigen Funktionen gerade durch das Zusammentreffen von Philosophie und Anatomie problematische Fragen aufwarfen. Beachtung soll weiterhin die vom griechischen Original stark abweichende arabische Fassung von Aristoteles’ „Parva Naturalia“ finden, die philosophiegeschichtlich hier eine entscheidende Rolle gespielt zu haben scheint.
Literatur:

Einführende Literatur:

Black, Deborah L.: ‘Psychology: Soul and Intellect’, in: P. Adamson, R. C. Taylor, Hrsg., The Cambridge Companion to Arabic Philosophy, Cambridge 2005, S. 308–326.
Harvey, E. Ruth: The Inward Wits. Psychological Theory in the Middle Ages and the Renaissance, London 1975.
Hasse, Dag Nikolaus: ‘The soul’s faculties’, in: R. Pasnau, Hrsg., The Cambridge History of Medieval Philosophy, Cambridge 2010, S. 305-319.
McGinnis, Jon: Avicenna, Oxford 2010.
Wisnovsky, Robert: Avicenna and the Avicennian Tradition, in: P. Adamson, R. C. Taylor, Hrsg., The Cambridge Companion to Arabic Philosophy, Cambridge 2005, S. 92–136.

Voraussetzungen:

Von den Teilnehmern wird die Bereitschaft erwartet, sich aktiv an der Seminardiskussion zu beteiligen und kurze Referate zu übernehmen, sowie Texte der Primär- und Sekundärliteratur auch auf Englisch zu lesen.
Leistungsnachweis

Hausarbeit oder Referat mit erweiterter Ausarbeitung. Außerdem besteht für bis zu 5 BA-Hauptfach- oder Master-Philosophiestudierende die Möglichkeit, dieses Seminar alternativ als Essaykurs (ohne Übung) zu belegen. Sollten mehr als 5 Personen ein entsprechendes Interesse bekunden, müssen zusätzliche Auswahlkriterien zur Anwendung kommen (z. B. Auswahl aufgrund eines zusätzlichen Motivationsschreibens o. ä.).
Anmeldung: Bis 7.4.2015 unter hansberger@lrz.uni-muenchen.de

 

 


Servicebereich