Dr. Amit Kravitz

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Lehrstuhl für Metaphysik

DFG-Forschungsprojekt “Die ,Religion’, das ,Politische’ und das ,Judentum’ in der klassischen deutschen Philosophie”

Büroadresse:

München

Sprechstunde:

Nach Vereinbarung

Kurzbeschreibung des Forschungsprojekts “Die ,Religion’, das ,Politische’ und die begriffliche Gestaltung des ,Judentums’ bei Kant, Fichte, Hegel und Schelling”

Im vorliegenden Forschungsprojekt befasse ich mich mit Kants, Hegels, Fichtes und Schellings Einstellungen zum ,Judentum‘ anhand ihrer jeweiligen Auseinandersetzung mit zwei zentralen Angelegenheiten: dem ,Politischen‘ und der ,Religion‘.

Im ersten Kapitel behaupte ich, dass die jeweilige Einstellung zum ,Judentum‘ sich weder auf Vorurteile noch auf Kenntnisse jüdischer Theologie reduzieren lässt; vielmehr ist sie im Gefüge des ,Universalismus‘ eingebettet, der – anhand Einschränkungen, die in der Endlichkeit verwurzelt sind – als Folge von Überwindung des bereits existierenden Vorhergehenden gedacht werden muss. Ich nenne dies einen „partikularistisch getrübten Universalismus“ und erkläre erstens, warum ausgerechnet der Begriff ,Judentum‘ immer wieder als das für das Erreichen des ‚Universalismus‘ notwendigerweise zu Verneinende fungierte, und zweitens, wie dieses Gefüge im besonderem Kontext des deutschen Idealismus zum Tragen kam.

In den folgenden vier Kapiteln zeige ich jeweils, wie sich Kant, Fichte, Schelling und Hegels mit dem ,Judentum‘ anhand des oben genannten Gefüges des getrübten Universalismus auseinandergesetzt haben. Besondere Aufmerksamkeit schenke ich der Philosophie Kants, denn sie diente als der begriffliche Ausgangspunkt einer neuen philosophischen Tradition, auf die sich Fichte, Hegel und Schelling, jeder auf seine Art, berufen haben. Vor allem nehme ich die Problematik der unumgänglichen Verwirklichung der ,Vernunft‘ in den Fokua, die Kant mit einer absoluten Verneinung des ,Judentums‘ (als begriffliches Konstrukt) identifiziert hat.

Das letzte Kapitel widmet sich der Frage, inwieweit die späteren Entwicklungen in der Auseinandersetzung mit dem ,Judentum‘ auf Kant und den deutschen Idealismus zurückgeführt werden können. Im Gegensatz zu einigen Auffassungen in der Literatur darf meines Erachtens keine gerade Linie von Kant und den deutschen Idealisten zum Antisemitismus des 20. Jahrhunderts gezogen werden. Zugleich wäre es meiner Ansicht nach falsch, spätere Entwicklungen als eine Art Bruch zu sehen, ohne einen ideengeschichtlichen Hintergrund anzubieten. Meine Frage ist deshalb vielmehr: Was im Denken von Kant, Fichte, Hegel und Schelling machte es möglich, ihre Philosophie in solch höchst problematischen Weisen zu verwenden?

English version:

In my research I focus on Kant’s, Fichte’s, Hegel’s and Schelling’s conceptions of ‘Judaism’ as resulting from their systematic approaches to the concepts ‘religion’ and ‘the Political’.

I first claim that the respective conceptions of ‘Judaism’ can neither be fully explained in terms of prejudices, nor in light of each philosopher’s personal familiarity with Jewish theology (which was at any event minor). Alternatively, I hold that their perceptions are rooted in the structure of the concept of ‘universality’, which – given metaphysical constraints, which designate the realm of finitude as such – must be thought of as a consequence of overcoming an already existing preceding component. I term this universality ‘clouded universality [getrübter Universalismus]’. I explain why the component that must be overcome for the sake of ‘clouded universality’ has been identified time and again, in different contexts, with ‘Judaism’ (as a conceptual construct). In addition, I illuminate the unique way in which this conceptual structure comes to play a central role in German Idealism.

I then tackle in four chapters Kant’s, Fichte’s, Hegel’s and Schelling’s respective conceptions of ‘Judaism’ and show how each was carried out in light of the ‘clouded universality’ depicted above. I focus at length on Kant’s philosophy, since it served as the point of departure for an entirely new philosophical current, to which Hegel, Fichte and Schelling belong. I take special interest in the problem of the realization [Verwirklichung] of ‘reason’ in Kant’s philosophy, which according to Kant must begin with an absolute negation of ‘Judaism’.

Finally, I carefully address some possible accounts concerning the relation between those conceptions of ‚Judaism’ and later, anti-Semitic developments. On the one hand, I do not identify the philosophical context of Kant and German idealism with later developments, since assuming a clear-cut causal relation in the realm of ideas is fundamentally misleading. On the other hand, later developments must be located in relation to its historical antecedents; otherwise they will be viewed as an aberration or madness, i.e. as an inexplicable break in history itself. The best way to construe this relation is to ask exactly which components of those philosophical approaches have enabled a twisted use afterwards.